Das Leben beginnt dort, wo deine Komfortzone endet.
Warum nicht so gerne vom Scheitern gesprochen wird.
Stellt euch vor, ihr habt jetzt seit einigen Jahren erfolgreich als Führungskraft gearbeitet. Ihr habt euren Verantwortungsbereich sehr gut „im Griff“, konntet viele Projekte erfolgreich steuern, habt das Abteilungsergebnis verbessert, tragfähige Strukturen aufgebaut, den Vertrieb gestärkt, die Personalentwicklung vorangebracht, die Kosten gesenkt. Also alles in allem seid ihr sehr erfolgreich und mit euch zufrieden.
Ihr tragt euch mit dem Gedanken eure Karriere voranzutreiben und schaut euch nach einer Stelle mit mehr Verantwortung um. Nach einiger Zeit ergibt sich die Möglichkeit ein Stellenangebot anzunehmen, nach welchem ihr schon lange Ausschau haltet. Als Geschäftsführer, Geschäftsführerin könntet ihr gestalten und entscheiden, ohne fragen zu müssen. Ihr könntet eure Vorstellungen in allen Bereichen umsetzen und die Erfolge wären endlich eure Erfolge.
Ihr nehmt die Stelle an und beginnt mit großem Enthusiasmus und vielen Ideen. Die ersten Wochen und Monate vergehen wie im Flug. Ihr arbeitet euch ein und stellt die ersten Herausforderungen fest. Für viele Themen habt ihr Lösungen, aber einiges wirft Fragen auf. Zunehmend fragt ihr euch, was sich euer Vorgänger oder die Vorgängerin dabei gedacht hat so zu entscheiden oder vorzugehen. Bis ihr feststellt, dass die Probleme des Unternehmens viel triefgreifender sind, als man euch gesagt hat oder als ihr es eingeschätzt habt. Bald werden die Probleme größer.
Und nun?
Holt euch bitte die erforderliche fachliche Beratung ein, solltet ihr betroffen sein. Zu kaufmännischen, juristischen, steuerrechtlichen usw. Aspekten bin ich nicht aussagefähig.
Ich spreche hier darüber, was eine solche Situation mit Verantwortlichen macht.
Ich kenne das nur zu gut. Die psychische Belastung ist enorm und steigt, weil die Probleme meistens viel länger andauern und viel tiefgreifender sind, als man zunächst einschätzt, wenn ein Unternehmen neu ausgerichtet oder saniert werden muss. Das geht einher mit Veränderungen, die tief in das Unternehmensgefüge wirken und sogar in das Leben der Mitarbeitenden eingreifen können. Und darauf ist man meistens nicht vorbereitet und die wenigsten Führungskräfte lässt das persönlich kalt.
Unter Druck zu stehen, ist zunächst einmal nicht schlimm, solange man mit seinen Kräften noch haushalten kann und einen Plan hat, wie man vorgehen wird. Die Zuversicht, die notwendig ist, soll aber nicht den Blick verschließen vor der Tragweite der Probleme. Wegschauen, leugnen, aussitzen löst keine Probleme. Hier ist eine realistische Einschätzung wichtig und die hinreichende Prognose zu den Erfolgsaussichten. Sollten die negativ ausfallen ist das persönlich schwer zu akzeptieren, weil wir das Scheitern an der Stelle als ein Versagen empfinden. Und das ist eine Vorstellung, die schwer zu ertragen ist. Sich selbst einzugestehen, dass man es nicht geschafft hat, ist schon schwer genug, aber noch damit rechnen zu müssen in den Augen Dritter (die oft wenig Ahnung von dem Ganzen haben) als Versager dazustehen und sich möglicherweise Häme auszusetzen, ist unerträglich.
Wichtig ist die eigene Perspektive und nur die zählt. Habe ich alles mir Mögliche getan, um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen? Wenn du das mit ja beantworten kann, ist schon viel geschafft. Was andere denken ist nicht relevant. Achte auf dich und deine Gesundheit! Schau auf das, was gelungen ist, was du geschafft hast, welchen Schaden du abwenden konntest! Du bist nicht für alles verantwortlich, sondern nur für das, was du selbst beeinflussen kannst. Und mach dir keine Vorwürfe, dass du es versucht hast.